Eine bessere Welt ist pflanzbar – Grüne Biotop- und Klimainseln für Speyer
„Ein einziger großer Baum erzeugt so viel Sauerstoff, dass 20 Menschen genug zum Atmen haben […]. Mit seinen Blättern oder Nadeln sammelt ein Baum jede Menge Dreck aus der Luft, z.B. Ruß, der aus den Auspuffrohren der Autos oder aus Schornsteinen kommt. Pro Baum und Jahr können das mehr als 500kg Ruß sein. […] Bei Sommerhitze sorgen Bäume […] in der Stadt für kühlere Luft“ (Peter Wohlleben, Hörst Du wie die Bäume sprechen?)
Das Leben in der Stadt mit versiegelten Flächen bildet für alle Lebewesen – auch in Hinblick auf den Klimawandel – eine große Herausforderung. Orientiert an anderen Städten, hat inSPEYERed deshalb die Idee der Klimainseln bei einer Veranstaltung des Nachhaltigkeitsmanagements Speyer zu den Agenda 2030 Zielen im Rahmen des Workshops „Grünflächen – Biologische Vielfalt bewahren“ vorgeschlagen. Ziel der Veranstaltung war es, Schwerpunkte für ein zukünftiges lokales Handlungsprogramm für nachhaltige Entwicklung zu finden. Ziel 13 „Maßnahmen zum Klimaschutz“ und Ziel 15 „Leben an Land“ standen bei dem Grünflächen-Workshop im Fokus. Mit Unterstützung von Sandra Gehrlein (Nachhaltigkeitsmanagement der Stadt Speyer) sollte dieses Forum also dazu dienen, die Idee vorzustellen und weitere Möglichkeiten und Inspirationen für Speyer im Umgang mit Umweltveränderungen zu beleuchten. Juliane Stadler von inSPEYERed stellte die Klimainseln als Bereicherung und Motivation heraus und definierte sie wie folgt:
Als Best-Practice Beispiel hatte inSPEYERed Dieter Krellmann von der „Initiative essbares Darmstadt“ eingeladen. Diese wurde 2016 gegründet. Nach Krellmanns Auffassung ist der künstlerische Aspekt und die Wahrnehmung die Basis von allem und fördert das Bewusstsein: Erst wenn etwas nicht ästhetisch, schlecht riechend, zu heiß, zu kalt etc. ist, sind wir bereit etwas zu verändern. Deshalb haben die Darmstädter ökologische Kunst zur Bewusstseinsförderung eingesetzt – z.B. Fotoprojekte mit Kressehüten etc. Die eigentliche Arbeit der Initiative besteht in der Vernetzung und Vermittlung zwischen Anwohner*innen und Ämtern und im Veranstaltungen organisieren, die die Flächen in den Fokus rücken. Allein durch die Initiative wäre die Durchführung nicht möglich; das bürgerliche Engagement ist die Grundlage. Klimainseln sind nicht nur ein grüner Ort, sondern auch ein Ort, in dem unser gesellschaftliches Klima entsteht.
Krellmann zeigte viele Beispiele wie zum Beispiel grüne Lernwege (Bierweg, Vogelweg, Studentenfutterweg, Wanderbaumallee usw.) mit entsprechenden Pflanzen und Lerntafeln inklusive QR Codes mit Anleitungen und Bildern wie die Flächen zu anderen Jahreszeiten aussehen. Weitere Beispiele waren das Nachbarschaftsbeet „Parcusbeet“, der Osthang (Terre Preta Beet), Vertikale Gärten mit Selbstbewässerung, Einrichten der Klause (mit Treffen vor Ort und Workshops zum Kompostieren, Saatguttauschbörse etc.), der Theatergarten als Begegnungsstätte zwischen Künstlern und Publikum, 16.000 Bäume für Darmstadt, Neubaugebiete/Konversionsflächen mitgestalten
Und es gibt weitere Ideen für die Zukunft: Dächer und Straßenzüge begrünen, Tunnel vertikal bepflanzen, Urwald in den Stadtwald integrieren – wo sich die Waldwirtschaft sowieso nicht lohnt, Hauptbahnhofeinfahrt begrünen um Stadtbild und Gerüche zu verbessern; Straßen gehören der Stadt und könnte man pergola-artig begrünen (z.B. Wein, Knöterich, wie das in vielen Weinorten mit Wein gemacht wird), vorhandene Räume nutzen. Das übergeordnete Ziel der Initiative für die Zukunft wäre, dass sich jede Stadt selbst versorgen kann. Gemeinschaftsgärten/ Urban Farming sind auch Orte der Inklusion von Menschen, die sonst schwer eine Aufgabe finden. Die Vorteile für die Stadt: Verschönerung, Überhitzung vorbeugen, Schäden durch Starkregen eindämmen, neue Stadtidentität usw. Unterstützung von der Stadt Darmstadt gibt es zum Beispiel durch ein Belohnungspunktesystem für biodiverse Gärten, hilfreiche Tipps hierzu unter: http://essbaresdarmstadt.de/baukasten/
Motto der Darmstädter: „Groß denken, um dann Kompromisse zu finden!“
Um die städtische Sicht aus der Speyerer Perspektive zu erläutern, kamen im Anschluss Herr Schwendy (Grünflächenmanagement), Frau Körner (Klimamanagement) und Frau Gehrlein (Nachhaltigkeitsmanagement) zu Wort. Sie berichteten von Aktionen, die bereits von der Stadt initiiert wurden, wie der Tag der Artenvielfalt, die Zusammenarbeit mit der Bieneninitiative, die Urban Gardening Fläche am Judomaxx, Streuobstwiesen, die begrünte Lärmschutzwand der Autobahn und die Möglichkeit von Grünflächenpatenschaften.
„Ihr rennt bei uns offene Türen ein!“ – Herr Schwendy
Allerdings sind wir vor Ort mit verschiedenen Problemen konfrontiert: 50.000 Einwohner kommen auf 50 Quadratkilometer. Das würde immer bedeuten, Kompromisse eingehen zu müssen, bspw. Sandbienen auf Spielplätzen oder Flächenkonkurrenz mit Internetleitungen etc., zu dem sei die Stadtgärtnerei überlastet.
Eine positive Entwicklung sei, dass seit 2016 bei Neubauten in Speyer Klimagutachten notwendig seien, aber auch hier müssen bspw. Kompromisse zwischen Denkmalschutz, Photovoltaik, Dachbegrünung und Brandschutz getroffen werden. Grundsätzlich gilt aber, je größer das Interesse der Bevölkerung, desto mehr kann umgesetzt werden.
Im Anschluss kamen noch einige Vorschläge aus dem Publikum: viele wünschten sich eine bessere Kommunikation, bspw. eine Koordinierungsstelle bei der Stadt, wo alle Infos zusammenlaufen. Eine Grünflächenbörse für öffentliche Flächen und Privatgärten wurde ebenfalls vorgeschlagen. Auch ein Bonuspunktesystem für biodiverse Gärten sei vorstellbar. Zudem wurde der Wunsch nach mehr öffentlich zugänglichen Informationen geäußert, da oft der Wille da sei, es aber an Wissen fehle. Ein Vorschlag dazu war eine Veranstaltung in der Stadthalle mit Gärtnern zu dem Thema ökologische Dachbegrünung und Gartengestaltung auszurichten. Regelmäßige Treffen und ein Austausch wären wünschenswert.
Der Theorie sollen natürlich auch Taten folgen. Daher möchte inSPEYERed am 07. Mai auf dem Guido-Stiftsplatz mit Interessierten „mobile Klimainseln“ anlegen, die anschließend als Anschauungsobjekt dienen sollen. Im Rahmen des Grynen Bandes findet am 18.5. außerdem eine Bienenkübel-Pflanzaktion auf der Maximilianstraße statt, bei der jede*r ein mitgebrachtes Pflanzgefäß in ein Mini-Biotop verwandeln kann.
Weitere unabhängige Projekte zu dem Thema in Speyer: